Ausgangspunkt
Aktuell gibt es keine Möglichkeit, eine Demenz zu heilen oder rückgängig zu machen. Der Demenzfortlauf schreitet kontinuierlich fort. Eine ursächliche Behandlung kann also nicht geschehen. Die einzige Möglichkeit einer Demenz zu begegnen, ist eine symptomatische Herangehensweise, also eine Abmilderung der Krankheitszeichen.
Die Alzheimer-Demenz ist die am häufigsten vorkommende Form der degenerativen Demenz. Zur medikamentösen Behandlung sind die Medikamente Cholinesterase-Hemmer und Memantin (Name der Wirkstoffgruppen) zugelassen. Laut dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) ist die Wirkung von Cholinesterase-Hemmer nur für 6 Monate verlässlich nachgewiesen (IQWiG 2007) und der Effekt von Memantin hat auf die kognitiven und alltagspraktischen Fähigkeiten fragliche Relevanz (IQWiG 2009). Die medikamentöse Behandlung der Alzheimer-Demenz ist folglich aktuell nicht effektiv, nebenwirkungsfrei und über einen langen Zeitraum möglich.
Obwohl degenerative Demenzen nicht heilbar sind, ist es für die Betroffenen und die sie versorgenden Personen besonders wichtig, die Demenzsituation günstig zu beeinflussen. Ziel ist es, auf die Krankheitssymptome möglichst vorteilhaft einzuwirken, das Fortschreiten des Krankheitsprozesses deutlich zu verlangsamen und die Lebensqualität aller Beteiligten möglichst gut zu erhalten bzw. zu fördern. Hierfür wurde MAKS® entwickelt.
Aus Vorstudien war bekannt, dass die Wirkung einer Kombination aus psychomotorischen Übungen zusammen mit Gedächtnisübungen wirksamer ist, als die einzelne Komponente (Oswald et al. 2001). Außerdem wirkte sich eine nicht strukturierte ,,Beschäftigungstherapie“, die regelmäßig (bis zu 5 mal pro Woche) angewandt wurde, zwar signifikant positiv auf die alltagspraktischen Fähigkeiten der Demenzbetroffenen aus, aber nicht auf die Kognition (Gedächtnis- und andere das Denken betreffende Funktionen) (Pickel et al. 2011).
Eine nichtmedikamentöse, sogenannte psychosoziale Intervention zur Behandlung der Demenzsymptome, die bestmöglich wirken soll, muss somit ,,multimodal“, d.h. aus mehreren Komponenten bestehend, und ,,strukturiert“, d.h. mit festgelegtem Ablaufplan versehen sein!
Wissenschaftliche Studien zur Überprüfung der Wirksamkeit von MAKS®
Zur Ermittlung der Wirkung der MAKS-Therapie® wurden bisher zwei große Studien durchgeführt, die MAKS®-Studie in Pflegeheimen und die DeTaMAKS-Studie in Tagespflege-Einrichtungen (,,De“ steht hier für Demenz und ,,Ta“ für Tagespflege). Es nahmen 98 beziehungsweise 453 Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen verschiedener Schweregrade daran teil. Wesentliche Merkmale dieser wissenschaftlichen Studien sind in Tabelle 1 aufgeführt.
In beiden Studien wurde MAKS® in Gruppen von 10 bis 12 Personen am Vormittag durchgeführt. Im Pflegeheim nahmen die Personen fast täglich an den MAKS® Gruppen teil, in der Tagespflege nur an den Tagen in der Woche, an denen sie die Einrichtung aufsuchten. Somit schwankte hier die Teilnahme an den MAKS® Gruppen von 1 Tag bis zu 5 Tagen pro Woche.
Ziel beider Studien war es zu überprüfen, ob durch MAKS® ein günstiger Effekt bedeutsamen Ausmaßes auf die kognitiven (a) und alltagspraktischen (b) Fähigkeiten sowie auf die emotionalen (c) und Verhaltenssymptome (d) der von einer Demenz betroffenen Menschen erreicht werden kann. Kognitive Fähigkeiten (a) betreffen Gedächtnis, Sprache, Auffassungsfähigkeit etc. Alltagspraktische Fähigkeiten (b), wie Telefonieren, Einkaufen etc. sowie Ankleiden, Körperpflege etc., sind die Grundlage für die Selbstständigkeit im Alltag. Emotionale Symptome (c) bei Demenz sind vor allem Angst und Niedergeschlagenheit (Depressivität). Die Verhaltenssymptome (d) reichen von Unruhe, Aggressivität, Schlafstörungen bis Antriebslosigkeit (Apathie).
Beide Studien zeigten, dass bei leichter oder mittelschwerer Demenz während des Zeitraums der Anwendung von MAKS® die kognitiven und alltagspraktischen Fähigkeiten durchschnittlich auf dem Ausgangsniveau erhalten blieben, während sie in den Kontrollgruppen signifikant nachließen (vgl. Tabelle 2). Im Vergleich zu den Kontrollgruppen entwickelten sich emotionale und Verhaltenssymptome unter MAKS® günstiger: weniger Angst und Depressivität sowie weniger Unruhezustande und sonstige Verhaltensauffälligkeiten. MAKS® ist somit eine wirksame psychosoziale Intervention zur Behandlung der Demenzen (bei leichtem oder mittlerem Schweregrad). |
Die DeTaMAKS-Studie zeigte zusätzlich, dass zumindest bei zuhause lebenden Menschen mit Demenz ein regelmäßiger Besuch einer MAKS-Gruppe in der Häufigkeit von ein- bis zweimal pro Woche ebenso wirksam ist, wie der Besuch an drei bis fünf Tagen in der Woche.
Außerdem war MAKS® bereits wirksam bei Menschen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung (abgekürzt engl. MCI für ,,mild cognitive impairment“), die noch keine so starken Fähigkeitseinbußen wie bei einer Demenz aufwiesen.
Tabelle 1: Kennzeichen der MAKS- und DeTaMAKS-Studie
* je 10 bis 12 Personen pro Gruppe
§ Die MAKS-Studie wurde finanziert vom Bundesministerium für Gesundheit
$ Die DeTaMAKS-Studie wurde finanziert vom GKV-Spitzenverband (ca. 88 % der Projektkosten) und vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (ca. 12 % der Projektkosten)
Tabelle 2: Ergebnisse der MAKS- und DeTaMAKS-Studie
$ kognitive Fähigkeiten wie Gedächtnis, Sprache, räumliches Denken, Auffassungsfähigkeit, etc.
§ emotionale Symptome: insbes. Angst, Niedergeschlagenheit (Depressivität) Verhaltenssymptome: insbes. Unruhe, Aggressivität, Schlafstörungen, etc.
* Diese wissenschaftlichen Veröffentlichungen sind kostenlos herunterladbar unter www.maks-therapie.de
Anmerkung zum Anschnitt ,,Wissenschaftliche Studien zur Überprüfung der Wirksamkeit von MAKS®“:
Warum sind eine Kontrollgruppe und die zufällige Verteilung der StudienteilnehmerInnen auf lnterventionsgruppe und Kontrollgruppe wichtig?
Die grundsätzliche Frage ist: Sind die beobachteten Veränderungen von kognitiven und alltagspraktischen Fähigkeiten sowie der emotionalen und Verhaltenssymptome auf die MAKS Therapie® und nicht (auch) auf andere, evtl. unbekannte Einflüsse zurückzuführen? Dabei sind zwei Aspekte von grundsätzlicher Bedeutung: Erstens die Vorgehensweise, dass es eine Vergleichsgruppe gibt, deren Personen die untersuchte Maßnahme (Intervention), hier die MAKS®-Therapie, während der Studiendauer nicht erhält. Dies ermöglicht den Vergleich des Verlaufs über die Zeit: Verändern sich z.B. die Fähigkeiten mit der Zeit in beiden Gruppen gleich oder unterschiedlich? Zweitens ist es wichtig, dass die Verteilung der StudienteilnehmerInnen zu Beginn der Studie, bevor die Maßnahme beginnt, nach dem Zufallsprinzip erfolgt. Nur mit dieser Vorgehensweise kann sichergestellt werden, dass sich die Personen der lnterventionsgruppe nicht von den Personen der Kontrollgruppe unterscheiden. Die Aufteilung der Teilnehmenden nach dem Zufallsprinzip auf lnterventionsgruppe (mit MAKS®) und Kontrollgruppe (ohne MAKS®) ist in der Wissenschaft das anerkannteste Verfahren. Dies klappt in der Regel gut, wenn die Anzahl der Teilnehmenden groß genug ist. In der MAKS®-Studie waren dies knapp 100 Personen, in der DeTaMAKS-Studie 453 Personen. Somit konnte gewährleistet werden, dass die beobachteten Unterscheide zwischen Interventions- und Kontrollgruppe auf die Anwendung von MAKS® zurückzuführen sind und nicht auf andere Effekte. Bleibt noch zu erwähnen, dass die Personen der Kontrollgruppe während des Untersuchungszeitraumes zwar kein MAKS® erhielten, aber sonst genau so ,,gut“ versorgt wurden, wie vor Beginn der Studie.
Schlussfolgerungen für die Praxis
Die nachweislich günstigen Effekte der MAKS®-Therapie auf kognitive und alltagspraktische Fähigkeiten sowie auf emotionale und Verhaltenssymptome stellen eine Verbesserung der Lebensqualität dar. Es profitieren von der MAKS®-Therapie somit in erster Linie die Betroffenen. Aber auch die Pflegenden, entweder die Angehörigen bei zuhause lebenden Menschen mit Demenz oder das Pflegepersonal in Einrichtungen, werden bei Anwendung von MAKS® erlebbar entlastet.
b) Es lassen sich drei auf offiziellen Empfehlungen/Vorgaben beruhende Ansatzpunkte nennen, die die flächendeckende Anwendung von MAKS® rechtfertigen:
– MAKS® entspricht der Zielsetzung des Präventionsgesetzes (Bundesgesetzblatt 2015; Artikel 6: Änderung des SGB XI § 5; Absatz 1, Satz 1 lautet): ,,Die Pflegekassen sollen Leistungen zur Prävention […] erbringen, indem sie […] Vorschläge zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation und zur Stärkung der gesundheitlichen Ressourcen und Fähigkeiten entwickeln sowie deren Umsetzung unterstützen.“
– MAKS® erfüllt zudem die Anforderungen des Leitfadens ,,Prävention in stationären Pflegeeinrichtungen nach § 5 SGB XI“ (GKV-Spitzenverband 2016). Es deckt zwei Handlungsfelder ab: das eine mit dem Ziel des Erhalts der kognitiven Leistungsfähigkeit, indem ,,Aktivitäten zur Stärkung kognitiver Ressourcen“ durchgeführt werden, und das andere mit dem Ziel der Verbesserung der psychosozialen Gesundheit, indem eine ,,Forderung der Teilhabe an sozial anerkannten Aktivitäten“ erfolgt.
– MAKS® ist ausgerichtet auf Kommunikation und Interaktion zwischen den GruppenteilnehmerInnen sowie zwischen diesen und den anleitenden Personen. Diese Ausrichtung wird durch das Soziale Modul verstärkt. Deshalb ermöglicht MAKS® den Pflegefachkräften die Umsetzung des Expertenstandards ,,Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz“. Hier heißt es im Prozesskriterium 4: ,,Die Pflegefachkraft gewährleistet und koordiniert das Angebot sowie die Durchführung von beziehungsfordernden und -gestaltenden Maßnahmen.“ (DNQP 2018)
– MAKS® ermöglicht die leitliniengerechte Behandlung von Verhaltenssymptomen bei Demenz. Die Leitlinie für Diagnostik und Therapie in der Neurologie ,,Demenzen“ empfiehlt einen Behandlungsversuch durch eine psychosoziale Intervention bevor eine medikamentöse Behandlung versucht wird (DGN, DGPPN 2016, Empfehlung 54).
c) Begründet ist deshalb folgende ,,Indikation“ für den Einsatz von MAKS®:
Die Anwendung von MAKS® empfiehlt sich überall dort, wo Menschen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung, leichter Demenz oder mittelschwerer Demenz regelmäßig (mindestens 1-mal pro Woche) in einer Kleingruppe zusammenkommen können: in Betreuungsgruppen, Tagespflege-Einrichtungen, Pflegeheimen, Demenz-Wohngemeinschaften, etc. |
MAKS-app
Wie bereits erwähnt ist die Strukturierung der MAKS-m-Therapie einer der Erfolgsfaktoren der Interventionsmaßnahme. Das Konzept wurde im Rahmen der Studien in einem strukturierten Instruktionsmanual zusammengefasst. Der Wirkungserfolg der Studien wurde auf Grundlage dieses Instruktionsmanuals erreicht, weshalb wir für den optimalen Wirkungserfolg dringend die Nutzung von vorgefertigten und überprüften Tagesplänen und Übungen empfehlen. Das Manual in Form des digitalen MAKS-Handbuch zur Therapie wurde durch die genesis mediware GmbH vertrieben.
Die tatsächliche Durchführung der MAKS-m-Therapie wird im Alltag oft ohne die genauen Tagespläne aus dem MAKS-Handbuch durchgeführt. Eine Durchführung nach Gefühl bringt aber die Gefahr mit sich, von dem wissenschaftlichen Konzept zu weit abzuweichen und so den signifikanten Erfolg auf die kognitiven und alltagspraktischen Fähigkeiten zu verfehlen. Die MAKS-app stellt die alle erforderlichen Informationen und viele Materialien wie Papier und Bleistiftübungen, Beamerübungen und Tagespläne sowie die Beschreibungen der Übungen zur Verfügung, wodurch das bewiesene Konzept bei sauberer Durchführung eingehalten wird.
Veröffentlichte Studien zur MAKS-m-Therapie
– Forschungsprojekt „MAKS“
Non-pharmacological, multicomponent group therapy in patients with degenerative dementia: a 12-months randomized, controlled trial
(DOI: 10.1186/1741-7015-9-129)
– Forschungsprojekt „DeTaMAKS“
Non-Pharmacological Treatment in People With Cognitive Im-pairment – Results From the Randomized Controlled German Day Care Study
(DOI: 10.3238/arztebl.2017.0815)
– Studie Kosteneffizienz
Cost efectiveness of a non pharmacological treatment vs. “care as usual” in day care centers for community dwelling older people with cognitive impairment: results from the German randomized controlled DeTaMAKS trial
(DOI: 10.1007/s10198-020-01175-y)
Literatur
Bundesgesetzblatt (2015) Teil I Nr. 31, ausgegeben zu Bonn am 24. Juli 2015. Ge setz zur Stärkung der Gesundheitsforderung und der Prävention (Präventionsgesetz – PrävG)
Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN), Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) (Hrsg.) (2016). Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie: Demenzen.
https://www.dgn.org/leitlinien/3176-leitlinie-diagnose-und-therapie-von-demenzen-2016
Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) (2018). Expertenstandard ,,Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz“. Osnabrück: DNQP
GKV-Spitzenverband (2016). Leitfaden Prävention in stationären Pflegeeinrichtungen nach § 5 SGB XI. Berlin: GKV-Spitzenverband
Graessel E, Stemmer R, Eichenseer B, Pickel S, Donath C, Kornhuber J, Luttenberger K (2011). Non-pharmacological, multicomponent group therapy in patients with degenerative dementia: a 12-months randomized, controlled trial. BMC Medicine 9:129.
http://www.biomedcentral.com/contenUpdf/1741-7015-9-129.pdf
Institut für Wirtschaftlichkeit und Qualitatssicherung im Gesundheitswesen (IQWiG) (2007). Cholinesterasehemmer bei Alzheimer Demenz, Abschlussbericht A05-19A. Koln: IQWiG.
Institut für Wirtschaftlichkeit und Qualitätssicherung im Gesundheitswesen (IQWiG) (2009). Memantin bei Alzheimer Demenz, Abschlussbericht A05-19C. Köln: IQWiG.
Luttenberger K, Donath C, Uter W, Graessel E (2012). Effects of multimodal nondrug therapy on dementia symptoms and need for care in nursing home residents with degenerative dementia: a randomized controlled study with 6-month follow-up. Journal of the American Geriatrics Society 60:830-840.
Luttenberger K, Hafner B, Graessel E (2012). Are the effects of a non-drug multimodal activation therapy of dementia sustainable? Follow-up study 10 months after completion of a randomised controlled trial. BMC Neurology 12:151.
http://www.biomedcentral.com/contenUpdf/1471-2377-12-151.pdf
Oswald, W. D., Hagen, B., & Rupprecht, R. (2001). Nichtmedikamentose Therapie und Pravention der Alzheimer Krankheit. Zeitschrift fur Gerontologie und Geriatrie, 34:116-121.
Pickel S, Gräßel E, Luttenberger K (2011). Wirksamkeit eines beschäftigungstherapeutischen Gruppenangebots bei degenerativen Demenzen: eine kontrollierte Verlaufsstudie im Pflegeheim. Psychiatrische Praxis 38:389-396.
Straubmeier M, Behrndt E-M, Seidl H, Özbe D, Luttenberger K, Graessel E (2017). Non-pharmacological treatment in people with cognitive impairment – results from the randomized controlled German Day Care Study. Deutsches Ärzteblatt International 114:815-821.
https://www.aerzteblatt.de/int/archive/article/195559